Montag, 7. August 2017

L(i)ebt.

Vor ein paar Tagen war eine junge Familie im Museum. Nachdem mein Job erledigt und sie für die Ausstellung ausgerüstet war fragte mich das kleine Mädchen: Was hast du mit deinem Mund gemacht?. Nachdem ich ihr das erklärt hatte wirkte sie zufrieden. Als Sie sich umdrehten hörte ich ihre Mama sagen, dass das genauso etwas Besonderes wie ihr Feuermal sei und jeder irgendwas Besonderes habe.

Ihr Feuermal ist nicht groß aber man sieht es sofort. Ich musste an meine eigene Kindheit denken und wie gemein Kinder sein können.  Damals habe ich gehofft, die Menschen würden mit dem Alter empathischer, sensibler, würden mehr darüber nachdenken was ihre Worte bei anderen auslösen. Überraschung: Nö.

Mir wurde mal mitten auf der Straße von einem wildfremden Menschen gesagt ich solle mir ein anderes Gesicht kaufen. (Das geht, bei deinem Hirn seh ich da leider weniger Chancen du Depp.) Als ich mich für eine Ausbildung bewarb hatten die 10 Filialleiter im Raum nicht die Eier mich zu fragen ob ich wohl mit Kritik und doofen Kommentaren umgehen könne. Später haben sie dann ne halbe Stunde darüber diskutiert und wollten mich doch einstellen. (Nein, danke für nichts.) Erst vor kurzem schrie mir jemand über die halbe Straße ein: Jo, wasn mit deiner Backe? entgegen. Das war fünf Minuten vor einem Vorstellungsgespräch.

Ich frag mich immer wieder: Jo, was ist mit deinem Hirn?

Was ist das für eine Gesellschaft in der das offensichtliche irgendwie „anders-sein sofort als Schwäche ausgelegt und als Angriffspunkt genutzt wird. Ich will gar nicht wissen wie mich irgendwelche fremden Menschen finden. Nach fast 23 Jahren und unzähligen dummen Kommentaren ist es mir schlicht (meistens) scheißegal.

Ich mag mich.

Wenn ich mich im Spiegel seh, mag ich mich. Gott, das hat lange gedauert. Aber das bin ich und entweder ich nehme mich so und leb mein Leben oder ich frag mich jeden Tag wenn ich das Haus verlasse was wohl gerade die anderen Leute denken. Ich finde ja für einen Menschen denken anstrengend genug. Also denke ich die meiste Zeit nur für mich und laufe nicht nur mit dem Gedanken Oooooooho, die Backe durch die Welt. [Lustige Geschichte am Rande: Beim Zahnarzt Notdienst dachten sie mal ich wäre ein ganz schlimmer Fall. Hat ein bisschen gedauert bis ich kapiert habe was sie so in Panik versetzte.]

Der ist mir egal Gipfel war schwer zu erklimmen, manchmal fällt man ein bisschen und muss wieder aufsteigen aber es lohnt sich. Menschen werden immer irgendetwas an dir zu kritisieren finden also scheiß drauf. Sie suchen, sie finden. So lange du dich magst wird dich das nicht umhauen. Aber wie die Mama aus dem Museum so schön sagte: jeder hat etwas Besonderes. Die meisten können das ein bisschen länger verstecken als ich aber so ein eingebauter Deppenfilter ist auch nicht schlecht.

Manchmal sind die, die von außen perfekt wirken die mit den wirklichen Problemen.

Manchmal sind die, die dir wie ein Mängelexemplar aussehen die coolen Kids.


Mein Opa sitzt im Rollstuhl, meine Tante hat Down-Syndrom, mein Cousin kann mit 19 nicht einmal alleine essen. In meiner Familie ist Anders nichts Schlechtes, es gehört dazu. Mein Opa war mit uns in den Bergen, meine Tante ist grade im Urlaub und mein Cousin lacht bei 60er Witzen am dreckigsten. Wir leben. Lasst euch nicht aufhalten von dem was euch andere sagen, niemals.

Mögt euch selbst ein bisschen mehr. Ihr seid gut so. Ihr müsst keinen unrealistischen Standards genügen. Das ist ein Rennen, das man nicht gewinnen kann.  

Gebt Menschen die Chance sie selbst zu sein, mit allem was sie sind. Reduziert sie nicht auf ein Detail.  

Und wenn wir dann wieder über Besonderheiten reden dann über das was wirklich zählt.

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